Ulf Klewers

 Spange mit goldener Dienstauszeichnungsmedaille Lange und Treue Dienste

In der ersten Hälfte des 19. Jhdt. wurden in den deutschen Kleinstaaten Ehrenzeichen für die Anerkennung langjähriger unbescholtener Dienste von Soldaten, die militäri-schen Dienstauszeichnungen, gestiftet. In die Reihe dieser Stiftungen reihte sich das Königreich Sachsen im Jahre 1831 ein. Die Militär- Dienstauszeichnungen erfuhren in der Zeit bis zur Abdankung des letzten sächsichen Königs, Friedrich-August III., im Jahre 1918 verschiedene, teils detaillierte Abänderungen. Vielfach herrscht in der Sammlerschaft Un-klarheit über die exakte Differenzierung, und es werden die unterschiedlichen Modelle oft verwechselt Mit diesem Artikel soll daher die Geschichte der sächsischen Dienst-auszeichnungen in einer Zusammenschau dargestellt und sollen die verschiedenen Modelle, die der Verfasser in seiner Sammlung zusammentragen konnte, beschrieben werden.

I. Dienstauszeichnungen der aktiven Armee

Die ersten Dienstauszeichnungen (1. Modell) wurden gestiftet von König Anton und Mitregent Friedrich- August (II.) am 24. Dezember 1831. Sie lösten die bis dahin üblichen farbigen Tuchstreifen zur Auszeichnung für acht- und mehrjährige Dienstzeiten ab. In der allerhöchsten Resolution 1831-1835 vom 24. Dezember 1831 wird bestimmt, daß nunmehr Medaillen verliehen wurden

„ 1. bei einer Dienstzeit von 15-24 Jahren/:Campagne Jahre werden nicht doppelt  gerechnet/: Dienstzeichen in Kanonenmetall, an einem grünseidenen Band mit weißer  Einfassung, 2. für eine Dienstzeit von mehr als 24 Jahren dergleichen in Silber"

Ferner ist bestimmt, daß das neu geschaffene Dienstzeichen nur an der Uniform und das Band nicht allein getragen werden durfte. Diese Fundstelle widerlegt die Darstellung bei Hessenthal und Schreiber, nach der die Dienstauszeichnung gestiftet wurde „für 15 bzw. 10 treu und vorwurfsfrei geleistete Dienstjahre der Unteroffiziere und Soldaten".

Die neu gestifteten Dienstauszeichnungen sind tragbare Medaillen in Silber und in Bronze. Die Vorderseite, die über lange Jahre gleichbleiben sollte, zeigt die ineinandergestellten Buchstaben „AFA" - die Initialien der Stifter (Anton, Friedrich-August) - die von der Königskrone überragt und von je einem Eichenzweig links und einem Lorbeer-zweig rechts, unten verbunden durch ein fliegendes Band, eingefaßt werden. Auf der Rückseite findet sich die dreizeilige Inschrift „für/lange und gute/Dienste", umgeben von einer kreisförmigen Rautenblattverzierung. Das stiftungsmäßige Band ist, wie bereits erwähnt, zunächst dunkelgrün mit zwei schmalen weißen Seitenstreifen. Die Prägestempel für diese ersten Dienstauszeichnungsmedaillien wurden vom Münzgraveur Karl Reinhard Krüger hergestellt.

Von diesem ersten Modell sächsischer Dienstauszeichnungen gibt es eine zweite Variante (2. Typ), die sich von der ersten Prägung in bestimmten Details gut unterscheiden läßt. Im Dezember 1868 lieferte Max Barduleck, seit 1865 als Münzgraveur, Medailleur und Stempelschneider an der sächsischen Staatsmünze tätig, zwei neue Stempel für die abgenutzten Vorder- und Rückseitenstempel der Militär-Dienstauszeichnung. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale lassen sich folgendermaßen skizzieren: Die Krone auf der Vorderseite ist im Vergleich zum ersten Typ größer und die Inschrift rückseitig hat größere, derbere Buchstaben. Während der erste Typ der Medaillen einfache, oval-längliche Drahtösen aufweist, haben die Dienstauszeichnungen des zweiten Typs kleinere Ösen aus halbrundem Draht (in Richtung Kugelöse gehend). Dieser 2. Typ wurde von 1868 bis 1877 verliehen, worauf im folgenden noch genauer einzugehen ist.

Abb.1
Abb.2

links: DA-Medaille Bronze 

1. Modell, 1. Typ (1832-1868)

rechts: DA-Medaille Bronze

 1. Modell, 2. Typ (1868-1877)

links: DA-Medaille Bronze

1. Modell, 1. Typ (1832-1868)

rechts: DA-Medaille Bronze

1. Modell, 2. Typ (1868-1877)

Am 23. April 1874 - seinem ersten Geburtstag als Regent - stiftete König Albert die Dienstauszeichnungen neu. Dabei wurde nunmehr unterschieden zwischen einem Dienstauszeichnungskreuz für Offiziere (D.A.K.) und den Dienstauszeichnungen für Unteroffi-ziere und Mannschaften (D.A. 1.-3.), im folgenden als Dienstauszeichnungsmedaillen 2. Modell bezeichnet. Die Abkürzungen stehen für die Kurzbezeichnungen in den offiziellen Ranglisten und Stammlisten.

Die Motivation für die Neustiftung bestand in einer Angleichung der Klassen an die in anderen Staaten, insbesondere Preußen, verliehenen Dienstauszeichnungen. So heißt es in der Stiftungsurkunde: "Wir, Albert, von Gottes Gnaden, König von Sachsen ... haben in Übereinstimmung mit derartigen im deutschen Heere bereits bestehenden Einrich-tungen beschlossen, für alle Chargen der activen Armee und der Landwehr Dienst=Auszeichnungen zu stiften ...".

Neu eingeführt wurde, in Stufe und Form dem preußischen entsprechend, das Dienstauszeichnungskreuz für Offiziere und Ärzte des stehenden Heeres (D.A.K.). Das Kreuz ist ein vergoldetes Tatzenkreuz mit glatten, von einer dreifachen Linieneinfassung umgebenen Kreuzarmen. Das Vorderseitenmedaillon zeigt die verschlungenen Initialien des Stifters „A R" , überhöht von der Königskrone. Auf der Rückseite befindet sich in römischen Ziffern die Zahl XXV. Es gibt unterschiedliche Varianten mit separat geprägten Medaillons (dies dürften frühere Stücke sein) bzw. in einem Stück geprägte Kreuze. Das D.A.K. wurde u.a. auch von Scharffenberg gefertigt, wie die Stempelung auf dem unteren Kreuzarm eines Stückes in der Sammlung des Verfassers belegt. Den Anspruch auf die Verleihung hatten die oben genannten Militärpersonen nach 25-jähriger tadelloser Dienstzeit, die nach den bestehenden Berechnungsgrundsätzen in der sächsischen Armee zu ermitteln war. Kriegsjahre wurden dabei nun auf die geleistete Dienstzeit doppelt angerechnet. Anträge auf eine Verleihung waren an das Kriegsministerium zu richten und von diesem nach Prüfung dem König zur Bestätigung vorzulegen.

Abb. 3
D.A.K. (1874-1918)
Stück mit separat geprägten Medaillons

Neu gestiftet wurden auch die Dienstauszeichnungsmedaillen für Unteroffiziere und Mannschaften. Bei diesem 2. Modell wurde die Vorderseite der früheren Medaillen beibehalten, ebenso die Rückseite der Form nach, nur daß in den Statuten die dreizeilige Rückseiteninschrift „für/lange und treue/Dienste" bestimmt war. Die Medaille wurde fortan in drei Klassen verliehen, und zwar die erste Klasse in Form einer goldenen, die zweite Klasse in Form der schon bekannten silbernen und die dritte Klasse in Form der ebenfalls bereits existierenden bronzenen Medaille. Die Voraussetzung für eine Verleihung war eine 21-jährige bzw. 15-jährige bzw. 9-jährige Dienstzeit in der aktiven Armee bei tadelloser Führung, wobei die Bestimmung der Dienstjahre nach den gleichen Krite-rien wie beim D.A.K. erfolgte. Die Vorschlagslisten unterlagen der Bestätigung der Regiments- bzw. selbständigen Bataillonskommandeure. Eine nach obigen Bestimmungen bereits erworbene D.A. war bei Verleihung einer höheren Klasse bzw. nach Erlangung des D.A.K. im Offiziersstand abzulegen.

Abb. 4
Gold
(RS)                D.A. 2. Modell (1878-1913)               (VS)
1. Klasse in Gold

In einem Schreiben des Kriegsministeriums an das Königliche General-Kommando ist bestimmt, daß sämtliche Dienstauszeichnungen der aktiven Armee jedes Jahr zum 23. April und 23. November an die Militärpersonen ausgegeben wurden, die zu diesen Stichtagen die Bestimmungen der Statuten erfüllt hatten. Vorschlagslisten und Bedarfsanzeigen für Offiziere und Sanitätsoffiziere waren jährlich bis zum 15. März bzw. 15. Oktober an das Kriegsministerium einzureichen.

Das statutenmäßige Band sowohl für das D.A.K. wie auch für die D.A. 1.-3. ist nun-mehr grün mit drei weißen Streifen, wobei es sich um einen schmaleren Mittel- und zwei breitere Seitenstreifen handelt. Es löste das dunkelgrüne zweimal gestreifte Band der ersten Stiftung ab und ist von der Farbe grasgrün bis olivgrün wie die übrigen grün-wei-ßen Bänder sächsischer Auszeichnungen, so z.B. des Albrechts-Ordens. Dieses Band ist in der Folgezeit das Band aller sächsischen Militär-Dienstauszeichnungen geblieben.

Hinsichtlich der Verleihungszeiten der verschiedenen Modelle der Dienstauszeichnungsmedaillen finden sich im Werksverzeichnis von Max Barduleck interessante Angaben, die von den Stiftungsdaten und den Angaben bei v. Hessenthal/Schreiber abweichen. So ist dem Werksverzeichnis zu entnehmen, daß die silbernen und bronzenen Medaillen des 1. Modells, 2. Typ von 1868-1877 geprägt wurden, ebenso goldene Medaillen mit der Inschrift „für/lange und gute/Dienste" von 1874-1877. Somit sind offensichtlich in den Jahren nach der Neustiftung durch König Albert noch Medaillen des 1. Modells verausgabt worden. Erst am 31. Mai 1878 wurde (lediglich!) ein neuer Rückseitenstempel mit der veränderten Inschrift „für/lange und treue/Dienste" bei der sächsischen Staats-münze zum Preis von 100 RM bestellt und am 21. August 1878 vollendet. Eine goldene Medaille mit der Inschrift „für/lange und gute/Dienste" an einer großen Ordens-schnalle am stiftungsmäßigen Band von 1874 ist dem Verfasser bekannt.

Diese Angaben werden durch die Brakteatenbücher der kgl. sächsischen Münze bestätigt. Hieraus ist zu entnehmen, daß die Dienstauszeichnungsmedaillen des 1. Modells noch bis einschließlich 1877 gefertigt wurden, bevor auf den neuen Stempeln weitergeprägt wurde. Es ergeben sich folgende Prägezahlen:

Modell:

Jahr:

Prägezahlen:

    Gold Silber Bronze gesamt
1. Modell, 1. Typ 1832 -   70 420 490
1. Modell, 2. Typ 1868 -   492 1.195 1.687
  1869 -   40 350 390
  1870 -   20 25 45
  1871 -   105 270 375
  1872 -   40 60 100
  1873 -   10 25 35
  1874 146 105 285 536
  1875 18 34 105 157
  1876 12 85 135 232
  1877 6 54 24 84
Summe 2. Typ   182 985 2.474 3.641

Die Prägezahlen für die ersten Dienstauszeichnungen, zumal in nur einem Herstellungsjahr, erscheinen sehr niedrig. Nach Angaben des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden konnten nach Durchsicht der Brakteatenbücher aber nur die oben angegebenen Verleihungszahlen für 1832 ermittelt werden. Selbst bei Hochrechnung der Zahlen dürfte es sich bei dem ersten Typ des ersten Modells sächsischer Dienstauszeichnungsmedaillen um sehr seltene Ehrenzeichen handeln. Neben diesen Daten sind noch die detailliert verzeichneten Prägezahlen von Barduleck überliefert, so daß die überlieferten Prägezahlen als sehr genau angenommen werden können.

Dienstauszeichnungsmedaillen des 1. Modells, die nach den Statuten der Erststiftung ausgegeben worden waren, mußten gemäß dem bereits oben erwähnten Schreiben des Kriegsministeriums vom 23. April 1874 am neuen Band getragen werden. So findet sich in der Sammlung des Verfassers an einer Ordensspange eine silberne Medaille des 1. Modells, 2. Typ am statutenmäßigen Band von 1874. Diese Kombination resultiert ferner aus dem Phänomen der verlängerten Ausgabezeit von Medaillen des 1. Modells. Dagegen befindet sich in derselben Sammlung eine ebenfalls silberne Medaille des glei-chen Typs am Bande der ersten Stiftung. Dieses Exemplar muß demnach vor 1874 verliehen worden sein.

Gemäß den Brakteatenbüchern der kgl. Münzstätte wurden im Jahre 1878 13 goldene, 30 silberne und 80 bronzene Dienstauszeichnungen „wie sub XII 1832" mit der Aufschrift „lange und treue Dienste" geprägt. Demnach sind Medaillen des 2. Modells tatsächlich erst ab 1878 zur Verleihung gekommen, wobei die ersten Stücke vorderseitig identisch mit dem 1. Modell, 2. Typ sind. Diese Variante mit nur abgeändertem Rückseitenstempel läßt sich als 2. Modell, 1. Typ bezeichnen. Andere Medaillen des 2. Modells in der Sammlung des Verfassers - im folgenden als 2. Modell, 2. Typ be-zeichnet - weisen vorderseitig leichte Abweichungen gegenüber dem 1. Modell, 2. Typ auf, wie sie auch bei v. Hessenthal/Schreiber beschrieben werden. Diese Prägevarianten erklären sich daraus, daß im Jahre 1892 zwei neue Ersatzprägestempel für die Dienstauszeichnungsmedaillen hergestellt und seitdem verwendet wurden. Detailunterschiede lassen sich bei den Eichen- und Loorbeerzweigen sowie bei der Krone erkennen. Diese Medaillen haben gewöhnliche Drahtösen. Die Vorderseitenpunze befindet sich noch im Stempelarchiv des Münzkabinetts Dresden. Es ergeben sich folgende Gesamtprägezahlen der Medaillen des 2. Modells:

  Gold Silber Bronze gesamt

1878-1913

306 1.985 11.282 13.573

Während das D.A.K. für Offiziere bis zum Ende des Königreichs Sachsen beibehalten wurde, erfuhren die Dienstauszeichnungen für Unteroffiziere und Mannschaften eine weitere statutenmäßige Abänderung, im folgenden als 3. Modell bezeichnet. Die neue Form der D.A. 1.-3. entspricht wiederum der Form preußischer Dienstauszeichnungen, die einige Monate vorher neugestiftet wurden.

Am 6. September 1913 erließ der letzte sächsische König, Friedrich-August III., die letzte Abänderung der Bestimmungen über die Dienstauszeichnungen. Die D.A. 1. Klasse bestand nunmehr in einem kupfernen Kreuz in Form und Größe der preußischen Dienstauszeichnung , d.h. formgleich dem sächsischen D.A.K., nur lediglich kleiner als dieses. Das Vorderseitenmedaillon zeigt die verschlungene Chiffre des Stifters „F A R", überragt von der Königskrone, das Rückseitenmedaillon die römische Ziffer XV. Verliehen wurde es für vollendete 15-jährige Dienstzeit. Die D.A. 2. Klasse für 12 Dienstjahre bestand fortan in einer Medaille aus Bronze (stiftungsmäßig, d. Verf.), die 3. Klasse für 9 Dienstjahre in einer Medaille aus Argentan (Neusilber). Sie haben gewöhnliche Drahtösen mit Ring. Die Vorderseite zeigt die Chiffre des Stifters „F A R" - überhöht von der Königskrone, umfaßt von einem Eichenlaubzweig links und einem Loorbeerzweig rechts - und die Umschrift „Treue Dienste" (oben) „bei der Fahne" (unten). Rückseitig befinden sich auf glattem Untergrund die römischen Ziffern XII bzw. IX. Von der Medaille aus Bronze (lt. Statuten) gibt es Varianten aus verschiedenen Materialien. So finden sich Medaillen aus Tombak (wie bei v. Hessenthal/Schreiber be-schrieben) ebenso wie kupferne Stücke. Auch (privat) vergoldete Exemplare sind existent. All diese neuen Auszeichnungen wurden am statutenmäßigen Band von 1874 getragen.

Abb. 5
D.A. 3. Modell (1913-1918)
(VS)                    1.Klasse,Kreuz                    (RS)
Abb. 6
D.A. 3. Modell (1913-1918)
2. Klasse, Medaille (VS)          3. Klasse, Medaille (RS)

Soldaten des stehenden Heeres, die vor dem Tage der Veröffentlichung bereits eine Dienstauszeichnung erhalten hatten, konnten diese gegen eine der neuen Form austauschen. Die im aktiven Dienst befindlichen Militärbeamten und die Zivilbeamten der Heeresverwaltung sowie die dem aktiven Dienststande nicht mehr angehörenden Personen konnten die schon erworbenen Dienstauszeichnungen in der neuen Form auf ei-gene Kosten anlegen, wobei die verkürzten Tragezeiten keine Anwendung fanden. Die neuen Dienstauszeichnungen waren nach dem Tode des Beliehenen an das zuständige oder nächstgelegene Bezirkskommando zurück- zugeben; gegen Zahlung des Beschaffungspreises für eine entsprechende neue D.A. konnte eine solche Auszeichnung von den Hinterbliebenen des Ausgezeichneten erworben werden.

Schließlich bleibt zu vermerken, daß in Anlehnung an die preußische Verleihungspraxis das D.A.K. für Offiziere durch königlichen Beschluß vom 21. August 1914 nach Ableistung einer 25-jährigen Dienstzeit auch den höheren, mittleren und Unterbeamten sowie den Soldaten vom Feldwebel abwärts der sächsischen Armee zuerkannt werden konnte. Diese Verordnung des Königs erging „als Zeichen der Zusammengehörigkeit aller Dienstgrade" in „...der Zuversicht, daß dieser neue Beweis Meines Wohlwollens zu weiterer selbstloser Hingabe an den Königlichen Dienst verpflichten wird."

II. Die Landwehr-Dienstauszeichnungen

Zusammen mit dem D.A.K. und den D.A. des zweiten Modells stiftete König Albert am 23. April 1874 Dienstauszeichnungen für die Landwehr (L.D.A.).

Die Landwehr-Dienstauszeichnung 1. Klasse (L.D.A. 1.) gleicht in Form und Größe dem zugleich gestifteten D.A.K., besteht aber aus Silber mit zunächst goldenen und später vergoldeten Medaillons. Das Vorderseitenmedaillon zeigt ebenfalls die verschlungene Chiffre „A R", überragt von der Königskrone, das Rückseitenmedaillon die römische Ziffer XX. Auch diese Auszeichnung  orientiert sich von der Formgebung an der entsprechenden preußischen, die einige Jahre früher gestiftet worden war. Anspruch auf eine Verleihung hatten Offiziere und im Offiziersrang stehende Ärzte des Beurlaubtenstandes, die mindestens 8 Jahre über die gesetzliche Gesamtdienstzeit freiwillig im Militärverhältnis geblieben waren „und sich durch reges Interesse für den Dienst hervorgethan haben." Das Vorschlags-procedere war das gleiche wie bei den D.A.K. Getragen wurde die L.D.A. 1. am gleichen Band wie die Dienstauszeichnungen der aktiven Ar-mee ab 1874 und blieb bis 1918 unverändert.

Abb. 7
L.D.A. 1. Klasse (1874-1918)
Silberstempelung „800" auf dem Medaillonzylinder
Halbmond- und Kronenpunze

Die Landwehrdienstauszeichnung 2. Klasse (L.D.A. 2.) 1. Form der Stiftung von 1874 besteht stiftungsmäßig in einer neusilbernen Schnalle, rechteckig und durchbrochen geprägt, die mittig die gekrönten, nebeneinanderstehenden Buchstaben „A R" trägt. Die Schnalle ist vom statutenmäßigen Band der Dienstauszeichnungen unterlegt, das wiederum auf ein rechteckiges Metallplättchen mit rückseitigem Nadelsystem aufgezogen ist. Tatsächlich sind die Schnallen i.d.R. aus vergoldetem Metall ausgeführt. Anspruch auf Verleihung hatten Offiziere, Ärzte, Unteroffiziere und Wehrmänner, die ihre Dienstpflicht in der Reserve und Landwehr vorwurfsfrei erfüllt hatten und einen Feldzug mitgemacht hatten „oder bei außerordentlichen Veranlassungen, im Ganzen mindestens 3 Monate aus dem Beurlaubtenstande zum activen Dienste einberufen gewesen sind." In den Statuten ist weiter bestimmt, daß der Anspruch verloren geht bei im einzelnen aufgeführten Vorfällen wie Bestrafung von Vergehen nach bürgerlichem Recht, militärdisziplinarischer Maßregelung oder unwürdigem Verhalten. Die 2. Klasse war nach Er-langen der 1. Klasse der L.D.A. abzulegen.

Durch Abänderung der Bestimmungen über die D.A. und die L.D.A. 2. Klasse vom 6. September 1913 durch König Friedrich-August III. wurde die Dienstauszeichnungsschnalle durch eine Medaille (2. Form) ersetzt.  Diese Medaille aus Kupfer ist kleiner als die Dienstauszeichnungsmedaillen des 3. Modells und folgt in der Form, Größe und Inschrift der kurz zuvor gestifteten preußischen Landwehr-Dienstauszeichnungsmedaille. Es finden sich auch Spangenprägungen in Größe der Dienstauszeichnungsmedaillen. Die Vorderseite zeigt die verschlungene Chiffre „F A R", überhöht von der Königskrone und die Umschrift „Treue Dienste" (oben) „Reserve Landwehr" (unten). Die Rückseite trägt die vierzeilige Inschrift „Landwehr / Dienstaus- / zeichnung / II. Klasse" in Fraktur-schrift. Das Band blieb identisch. Personen, die bis dahin bereits mit der L.D.A.-Schnalle beliehen worden waren, konnten die neue Form auf eigene Kosten anlegen.

Abb. 8
L.D.A. 2. Klasse, 1. Form        L.D.A. 2. Klasse, 2. Form
Schnalle (1874-1913)            Medaille (1913-1918)

 III. Schlußbetrachtung

Die Dienstauszeichnungen des Königreichs Sachsen, zunächst nur als Medaillen aus Silber und Bronze gestiftet, haben im Laufe der Jahre zwei wesentliche stiftungsmäßige Änderungen erfahren und sind hierdurch erweitert worden. Dabei zeigt sich, daß durch die Statutenänderungen Sachsen sich auch auf dem Gebiet des Auszeichnungswesens sehr an die preußischen Gepflogenheiten anpaßte. Gleichzeitig bedeutet die Statutenänderung von 1913 qualitativ hinsichtlich der Gestaltung und des Materials ein Absinken des Ni-veaus. Besonders interessant für den Sammler sind wegen der Modellvarianten und der Verleihungszahlen die frühen Dienstauszeichnungsmedaillen - insbesondere in den hohen Stufen.

Der Verfasser ist Herrn Dr. Paul Arnold, Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und besonders Herrn Erhard Roth für seine Recherchen und das Zurverfügungstellen von Quellenmaterial, vor allem hinsichtlich der Verleihungszah-len in den Brakteatenbüchern, zu besonderem Dank verpflichtet.

Quellen/Literatur:

- Allerhöchste Resolutionen 1831-1835, hier 24. Dezember 1831, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden - Sächsisches Kriegsministerium (P) Nr. 637
- Stamm- und Rangliste der Königlich Sächsischen Armee 1832
- Statuten für die Königlich Sächsischen Dienst=Auszeichnungen vom 23. April 1874,  Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden - Sächsische Ordenskanzlei Nr. 404
- Schreiben des Kriegsministeriums an das Königliche General-Kommando vom 23. April 1874
- Militär-Verordnungsblatt für 1913
- Militär-Verordnungsblatt für 1914
- Brakteatenbücher der königlichen Münzstätte
- Max Barduleck: Die letzten Jahre der Münze in Dresden - Werksverzeichnis 1865 bis 1911, hrsg. von Dr. Paul Arnold, Berlin 1981
- v. Hessethal/Schreiber: Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reiches, Berlin 1940  

© A. Schulze Ising, II/99